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Maturitätsarbeit – Startpunkt für steile Lernkurven

Für die meisten Maturand*innen ist die Maturitätsarbeit mit der Abgabe abgeschlossen. Einige aber wollen «ihr» Thema weiterverfolgen und tiefer darin eintauchen. Initiativen wie «Schweizer Jugend forscht» und «youngCaritas» unterstützen sie dabei.

21. Oktober 2024

Im letzten Jahr der Mittelschule verfassen die Schüler*innen ihre Maturitätsarbeit. Während mehrerer Monate befassen sie sich intensiv mit einem selbst gewählten Thema; sie üben sich im Recherchieren, Forschen und Schreiben oder im Gestalten, Komponieren und Musizieren.

Für die meisten Maturand*innen ist die Maturitätsarbeit ein in sich geschlossenes Projekt und insbesondere die formale Voraussetzung für die Matura. Für sie folgen die Maturprüfungen, vielleicht ein Zwischenjahr und danach häufig ein Studium. Für einige Jugendliche jedoch markiert die Maturitätsarbeit den Start in eine aufregende Reise.

Schweizer Jugend forscht

Eine Möglichkeit, das Thema der Maturitätsarbeit zu vertiefen, ist die Teilnahme am Nationalen Wettbewerb von «Schweizer Jugend forscht» (SJf). Ambitionierte Schüler*innen, unter anderem aus Mittel- und Berufsschulen, können in diesem Rahmen ihre Arbeit oder ihr Projekt einer Fachjury und der Öffentlichkeit präsentieren und sich von ausgewiesenen Expert*innen coachen lassen. Für den Wettbewerb anmelden können sich Jugendliche zwischen 16 und 23 Jahren, es sind Arbeiten aus allen Fachrichtungen willkommen.

Ein Teil der Teilnehmenden wird direkt von SJf über die Ausstellung ausgezeichneter Maturitätsarbeiten rekrutiert. Die Organisation sichtet alle Arbeiten, die an der Ausstellung präsentiert werden und wählt aus den rund 60 Arbeiten jedes Jahr etwa einen Drittel aus.

Die Preise, die beim Nationalen Wettbewerb von SJf winken, sind äusserst attraktiv, der Weg dahin ist jedoch anspruchsvoll: Auf das Selektionsverfahren am Anfang folgt eine intensive Vorbereitungszeit, die Teilnahme am Halbfinale, später vielleicht das Finale. Dazwischen und währenddessen: Feedback, Arbeit, Entscheidung.

Höhenflug dank der Maturitätsarbeit

Das bestätigt Nicolas Huber, betont aber gleichzeitig, dass sich die Teilnahme absolut lohne. Der 19-Jährige hat 2022 seine Maturitätsarbeit erstmals veröffentlicht, wurde schulintern und an der Ausstellung ausgezeichneter Maturitätsarbeit im Kanton Zürich prämiert und nahm 2024 am Nationalen Wettbewerb von SJf teil.

Nicolas Huber entwickelte für seine Maturitätsarbeit ein neuartiges Warnsystem zur Vorhersage gefährlicher Fluglagen im Gleitschirmsport – das anfangs jedoch nicht funktionierte. Im Rahmen von SJf, durch das dortige Feedback und den Austausch entwickelte er es weiter, bis zur zufriedenstellenden Funktionalität und Basis für ein kommerzielles Produkt.

«Ich hatte schon Zweifel, ob ich diesen Weg gehen will», gibt Nicolas Huber zu. «Kann ich noch einmal viel Arbeit reinstecken? Ist mein Projekt wirklich sinnvoll?» Er machte weiter, meisterte das Halbfinale und zog ins Finale ein. Eine aussergewöhnliche Erfahrung, wie er rückblickend begeistert sagt. «Ich traf auf Gleichgesinnte, konnte mit Expert*innen sprechen und war nicht mehr einfach der Nerd wie damals am Gymi», fasst er zusammen und lacht. Drei Tage dauert das Finale des nationalen Wettbewerbs von SJf, eine Messe mit Rahmenprogramm, Jurysessions, Medien und viel Austausch. «Ich fand das wahnsinnig cool», sagt Nicolas Huber.

youngCaritas-Award

Eine andere Möglichkeit, das eigene Projekt weiterzuverfolgen, ist der youngCaritas-Award. Auch dieser richtet sich an junge Menschen, legt thematisch den Fokus aber enger. Projekte, die sich für die Gesellschaft oder Umwelt einsetzen, sind gefragt – ob im Rahmen einer Maturitätsarbeit oder in einem privaten Projekt, ist unerheblich. Anmelden können sich alle, die nicht älter als 30-jährig sind und deren Projekt zum Themenbereich passt.

Wie SJf geht youngCaritas zudem aktiv auf die Suche nach spannenden Projekten und wird dabei auch bei der Ausstellung ausgezeichneter Maturitätsarbeiten fündig. Jedes Jahr melden sich zwischen 10 und 15 Projekten für den Award an. Sie werden auf der Website und den Social-Media-Kanälen von youngCaritas präsentiert und erhalten so Sichtbarkeit. Zudem können alle Teilnehmer*innen ein kurzes professionelles Video zu ihrem Projekt machen und dieses später frei verwenden.

Jeweils im Dezember wird der youngCaritas-Award in einer öffentlichen Veranstaltung verliehen. Zusätzlich zum Jurypreis gibt es auch einen Publikumspreis und diverse Sonderpreise in einzelnen Kategorien.

Die Erfahrung ist viel wert

Sowohl bei SJf als auch beim youngCaritas-Award werden Preise vergeben. Sie sind jedoch nicht das Einzige, was es zu gewinnen gibt. Vielmehr geht es darum, zu lernen, sich auszutauschen, ein Netzwerk aufzubauen, das eigene Projekt sichtbar zu machen und es weiterzuentwickeln. Dabei helfen beide Initiativen, wenn auch der Fokus etwas anders ist. «Wir wollen den Projekten von jungen Menschen eine Bühne geben», bringt es Lena Baumann, die bei youngCaritas für den Award zuständig ist, auf den Punkt.

Auch Nicolas Huber nennt nicht zuerst die Preise, wenn er auf seine Erfahrung mit SJf zurückblickt. Viel lieber zählt er auf, was er alles mitgenommen und gelernt hat: Science Communications Skills, wissenschaftliches Arbeiten, ein internationales Netzwerk, Durchsetzungskraft, Umgang mit Kritik. «Man muss Kritik als Hilfe sehen und nicht als Rückschlag», betont er. Diese Haltung brachte ihn nach dem nationalen Wettbewerb von SJf zum European Union Contest for Young Scientists (EUCYS), wo er den dritten Platz abräumte.

Es war viel Arbeit und es sei nicht immer so geradlinig verlaufen, wie es heute klinge, sagt Nicolas Huber. Gelohnt habe es sich aber auf jeden Fall – seine Technologie ist vielversprechend, eine Firma für die Kommerzialisierung ist im Aufbau und ein Patent ausstehend. Und dank der gesammelten Erfahrungen weiss Nicolas Huber nun auch, welchen Studiengang er nächsten Herbst in Angriff nehmen wird.

Schweizer Jugend forscht (SJf), Nationaler Wettbewerb

  • Für wen: Jugendliche in der Schweiz, zwischen 16 und 23 Jahren
  • Was: Forschungsprojekte aus allen Disziplinen
  • Ablauf:
    1. Selbstständige Anmeldung oder Rekrutierung durch SJf
    2. Vorbereitung auf das Halbfinale
    3. Halbfinale mit ersten Coachings und Referaten sowie Selektion für das Finale
    4. Vorbereitung auf das Finale mit Begleitung durch persönlichen Coach
    5. Finale: Benotung des Projekts mit Prädikat (gut, sehr gut, hervorragend), Gewinn von Geld- und Sonderpreisen sowie Zugang zum SJf-Alumninetzwerk
  • Mehr Infos: Website von SJf

youngCaritas-Award

  • Für wen: Jugendliche in der Schweiz, höchstens 30 Jahre
  • Was: Projekte, die sich für Gesellschaft oder Umwelt einsetzen
  • Ablauf:
    1. Selbstständige Anmeldung für den youngCaritas-Award
    2. Präsentation aller Projekte auf der Website und Social Media von youngCaritas
    3. Workshops und Dreh eines professionellen Kurzvideos für jedes Projekt
    4. Verleih des Awards: Gewinn von Jury- und Publikumspreis sowie weitere Preise
  • Mehr Infos:Website von youngCaritas

Maturitätsarbeiten

Jährlich werden im Kanton Zürich etwa 3000 Maturitätsarbeiten verfasst. Die Themen und Formate sind äusserst vielseitig. Jedes Jahr im Mai werden rund 60 ausgezeichnete Arbeiten ausgestellt. Diese sind hier zu finden: maturiaetsarbeiten.ch.

Auf «Die Zürcher Mittelschulen» stellen wir regelmässig einzelne Arbeiten vor, zum Beispiel diese hier: